EM Working Group 5

EM Working Group 5

Educational Material Working Group 5

Overview

Working group 5: Transformation of the environment

  • Deep time teaching (Simon Probst)
  • Semiotics of Sustainability: Reinterpreting Waste and Cultural Heritage (Francesco Mazzucchelli and Martina Grinello)

  • Contribution to cross-cutting Remembrance: Practices for a fairer future

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Zeitbewusstheit. Leben in der Tiefenzeit

Lehrmaterialen

Simon Probst (Universität Vechta) & Carmen Sippl (PH Niederösterreich)

Um WAS geht es?

Die Klimakrise und das Anthropozän (Crutzen & Stoermer 2000) stellen neue Aufgaben an unseren kulturell vermittelten Umgang mit Zeit. Im Angesicht des menschlichen Einflusses auf die Erde erfordert ein differenziertes Verständnis der Gegenwart nicht nur historisches Denken, sondern auch die Fähigkeit, menschliche Geschichte in die Geschichte des Lebens auf der Erde einzuordnen. Narrative über die planetare Verantwortung des Menschen stellen individuelles und gesellschaftliches Handeln in einen tiefenzeitlichen Rahmen (vgl. Dürbeck 2018).

Den Begriff „Tiefenzeit“ hat der US-Amerikaner John McPhee in seinem Sachbuch Basin and Range (1981) geprägt. Die Idee der Tiefenzeit stellt den Kontrast zwischen der, relativ gesehen, kurzen Spanne menschlicher Geschichte und dem Umfang, der sprichwörtlichen Tiefe, der geologischen Geschichte heraus. Dieser Kontrast wirft seit der sogenannten ‚Entdeckung der Tiefenzeit‘ (vgl. Gould 1990) im 19. Jahrhundert – also seit es die Vorstellung einer von Gott und den Menschen unabhängigen Erdgeschichte gibt – die Frage auf, ob menschliches Handeln im Angesicht geologischer Zeitspannen nicht vollständig unbedeutend ist.

Die Tatsache, dass die Industriegesellschaften durch ihre Eingriffe in die Natur (z.B. Emissionen von Treibhausgasen, Rodung von Wäldern, Überfischung der Ozeane) die tiefe Zukunft unseres Planeten maßgeblich prägen, ändert die kulturelle Perspektive auf die Tiefenzeit und rückt die menschliche Verantwortung für die Geschichte der Erde in den Mittelpunkt der Debatte um Erdgeschichte. So ruft der Schriftsteller Robert Macfarlane (2019, S. 27) dazu auf, die Tiefenzeit nicht als Vorwand zu nutzen, um „der unruhigen Gegenwart zu entfliehen, sondern sie neu zu denken“ und „uns als Teil eines großen Netzwerks zu begreifen, in dem wir schenken, erben und weitervererben, das sich über Jahrmillionen in die Vergangenheit und Zukunft erstreckt, um zu bedenken, was wir den nachfolgenden Wesen und Epochen hinterlassen wollen.“

In eine ähnliche Richtung plädiert die Geologin Marcia Bjornerud (2020, S. 205) für eine „zeitkundige Gesellschaft“. Diese zeitkundige oder, wie es im deutschen Titel heißt, „zeitbewusste“ Gesellschaft würde sich der Herausforderung annehmen, die für gesellschaftliches Handeln dominanten Zeitdimensionen (Quartale, Wahlperioden etc.), die Geschwindigkeit digitaler Aufmerksamkeitsökonomien und die dominanten historischen Rahmen des kulturellen Gedächtnisses mit den unterschiedlichen Geschwindigkeiten erdhistorischer und ökologischer Prozesse zu versöhnen (vgl. Bjornerud 2020).

In Auseinandersetzung mit den ethischen und politischen Dimensionen von Erdgeschichte im Anthropozän geht das hier vorgestellte Lernszenarium folgenden Fragen nach: Wie verändert Tiefenzeit die Perspektive auf unseren Alltag und unsere Gesellschaft? Wie können wir uns geologischen Zeitspannen annähern? Relativiert Tiefenzeit die Bedeutung unseres Handelns oder kann sie im Gegenteil unseren Sinn von Verantwortung in dieser Welt vertiefen?

Um WEN geht es?

Marcia Bjornerud ist Professorin für Geowissenschaften und Umweltstudien an der Lawrence University in Appelton, Wisconsin. Sie schreibt außerdem für den Wissenschaftsblog des New Yorker. In ihrem Sachbuch Zeitbewusstheit. Geologisches Denken und wie es helfen könnte, die Welt zu retten (2020, im englischen Original 2018: Timefulness. How Thinking Like a Geologist Can Help Save the World) führt Marcia Bjornerud in das Zeitverständnis der Geologie ein, formuliert aus dieser Perspektive eine Kritik am kurzfristigen Denken zeitgenössischer Gesellschaften und entwirft mit ihrer Idee einer zeitbewussten Gesellschaft einen Gegenentwurf dazu.

Timefulness: Living in Deep Time​

Simon Probst (Universität Vechta) & Carmen Sippl (PH Niederösterreich)​

WHAT is it about?

The climate crisis and the Anthropocene (Crutzen & Stoermer 2000) pose new challenges for our culturally mediated approach to time. In the face of human influence on the Earth, a differentiated understanding of the present requires not only historical thinking, but also the ability to place human history in the history of life on Earth. Narratives about humanity’s planetary responsibility place individual and social action in relation to Earth’s deep time (Chakrabarty 2010).

The term “deep time” was coined by the US American John McPhee in his non-fiction book Basin and Range (1981). The idea of deep time emphasizes the contrast between the, relatively speaking, short span of human history and the extent, the proverbial depth, of geological history. Since the so-called ‘discovery of deep time’ (cf. Gould 1987) in the 19th century – i.e. since the idea of an Earth history independent that exceeds human existence by far – this contrast has raised the question of whether human activity might be completely insignificant in the face of geological time spans.
The fact that industrial societies are significantly shaping the deep future of our planet through their interventions in nature (e.g. greenhouse gas emissions, deforestation, overfishing of the oceans) is changing the cultural perspective on deep time and placing human responsibility for the history of the Earth at the center of the debate on Earth history. For example, nature writer Robert Macfarlane (2019, p. 15) calls for deep time not to be used as “a means not of escaping our troubled present, but rather of re-imagining it” and “see ourselves as part of a web of gift, inheritance and legacy stretching over millions of years past and millions to come, bringing us to consider what we are leaving behind for the epochs and beings that will follow us.”

In a similar vein, geologist Marcia Bjornerud (2018, p. 173) argues for a “time-literate society”. This time-literate society would take up the challenge of reconciling the time dimensions that dominate social action (business quarters, election periods, etc.), the speed of digital attention economies and the dominant historical frameworks of cultural memory with the different speeds of earth-historical and ecological processes.

In dealing with the ethical and political dimensions of Earth’s history in the Anthropocene, the learning scenario presented here explores the following questions: How does deep time change our perspective on everyday life and our society? How can we approach geological time spans? Does deep time relativize the significance of our actions or, on the contrary, can it deepen our sense of responsibility in this world.

 

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